Petri Kirche

Die Petri-Kirche kann auf eine sehr lange Geschichte zurückblicken, annähernd des Ortes selbst. Denn zwar wird erst im Jahre 1298 mit der Erwähnung des Priesters „Siegfried, plebanus in Firminne“ als Zeuge in einer Urkunde des Klosters Haina auch indirekt das Vorhandensein einer Kirche in Viermünden belegt, doch vermutlich entstand der massive Unterbau der Kirche bereits in der Zeit der Frühromantik, d.h. im 9. oder 10. Jahrhundert.

Die Viermündener Kirche ist dem heiligen Petrus geweiht und gehörte im Mittelalter zum Sendbezirk Geismar im Dekanat Kesterburg, das wiederum dem Archidiakonat St. Stephan in Mainz unterstand. Im Jahre 1312 hatte das Stift Wetter das Patronat über die Kirche inne, entschied also über die Besetzung der dortigen Pfarrstelle.

Seit 1527 besaß der hessische Landgraf als Nachfolger des Stifts dieses Recht. Als 1927 das landgräfliche Gut in Viermünden an den Kreis Frankenberg verkauft wurde, erwarb dieser damit de jure auch das Patronatsrecht, so daß noch heute bei einer Neubesetzung der Pfarrstelle der jeweilige Kandidat vor seiner Einführung dem Landrat als Vertreter des Landkreises „präsentiert“ wird.

Die Kirche in Viermünden ist heute die Mutterkirche des gleichnamigen Kirchspiels, wozu außer Viermünden selbst noch die Filialen Ederbringhausen sowie Ober- und Niederorke gehören. Daß sich die Zuständigkeit dieser Pfarrkirche allerdings im Laufe der Zeit immer wieder änderte, wird dadurch belegt, daß der Pfarrer von Viermünden schon 1556 auch im Besitz der Pfarrei Butzbach war. Die Reste der so genannten Butzkirche findet man noch heute oberhalb der Unteren Butzmühle an der Nuhne zwischen Schreufa und Sachsenberg.

In diese Kirche gingen 1613 die Einwohner von Hommershausen, das mindestens auch seit dieser Zeit zum Kirchspiel Viermünden gehörte. Kurz vor 1558 wird außerdem die Kapelle von Schreufa als zu Viermünden gehörig genannt. Um 1580 kam die ursprünglich selbständige Pfarrei Oberorke mit Niederorke und Ederbringhausen zum Kirchspiel Viermünden.

So hatten dann bis zum Ende des 19. Jahrhunderts die Viermündener Pfarrer außer in Viermünden selbst noch in fünf weiteren Dörfern ihren Dienst zu verrichten. Erst 1887 wurden, vor allem wegen der langen Wegstrecken, Schreufa und Hommershausen von der Pfarrei Viermünden abgetrennt und nach Frankenberg, bzw. Rengershausen eingepfarrt.

Während die frühere Zeit mit Ausnahme weniger, eher schlaglichtartiger Zeugnisse weitgehend im Dunkeln bleibt, fließt die schriftliche Überlieferung über die Kirchengemeinde Viermünden seit dem Beginn des 17. Jahrhunderts reicher. So finden wir in den seit 1623 erhaltenen Kirchbüchern nicht nur die Sterbeeinträge der über 120 Viermündener Pestopfer von November 1635 bis Dezember 1636, sondern auch des öfteren Nachrichten über Plünderungen der Kirche. Zum Beispiel wurden 1635 in den Wirren des 30jährigen Krieges durch ein Kommando unter dem Oberst von Bönnighausen die Kirche und das Pfarrhaus „so erbärmlich ausgeraubt“. Ebenso wird vermerkt, daß im Jahre 1640 eine kaiserliche Partei mehrere gestiftete Altartücher und einen vergoldeten Kelch mit Patene raubte, obwohl man diese wohl aus Sicherheitsgründen in Frankenberg aufbewahrt hatte. Aber auch in späteren Zeiten hatte die Kirche noch einige Male unter Kriegseinwirkungen zu leiden.

Ein Ereignis in Jahre 1670 hatte zwar nicht auf die Kirche als solches, dafür aber um so mehr Auswirkungen auf die Gemeinde, bzw. den Frieden innerhalb der Kirchen und damit auch der Dorfgemeinde selbst: Junker Philipp Wilhelm von Dersch hatte mit seiner Kammermagd Gertrude Leusmann aus Korbach „in Unpflichten ein Mägdlein“ gezeugt und erwartete wohl, daß der damalige Pfarrer Hartmann Staude dieses „deliktum“ taktvoll übergehen würde. Der ließ jedoch die Kammermagd öffentlich in der Kirche die vorgeschriebene Buße ablegen und machte somit auch den Fehltritt des Junkers öffentlich.

Von Dersch tat nun den Schwur, nie wieder die evangelisch-lutherische Kirche in Viermünden zu besuchen, schloß sich der neu gegründeten evangelisch-reformierten Kirche in Frankenberg an und vertrieb zuletzt auch Pfarrer Staude durch eine Reihe von Prozessen. Mehrere von Philipp Wilhelm von Dersch abhängige Viermündener Familien taten es ihm nach und traten ebenfalls zum evangelisch-reformierten Bekenntnis über, was zur Folge hatte, daß einige von ihnen noch bis ins 19. Jahrhundert dieser Konfession angehörten.

Kirche, Pfarrhaus und Friedhof

Wie schon eingangs erwähnt, ist die heute einschiffige Viermündener Kirche vermutlich frühromanischen Ursprungs. Auf diese Zeiteinstellung weisen sowohl das St.-Petri-Patrozinium als auch die Bauweise der zu zwei Paaren zusammengefaßten vier, heute zugemauerten Arkaden an der Nordseite des Kirchengebäudes hin, die wahrscheinlich in ein nicht mehr vorhandenes Seitenschiff führten. Auch der fensterlose Westturm gehört in diese Bauphase, ebenso eine vermutlich rechteckige Chorapsis, die nicht mehr erhalten ist.

Die Kirche dürfte zu den ältesten noch erhaltenen Gotteshäusern im nordhessischen Raum zählen. Erst im Jahre 1770 wurde das Fachwerkobergeschoß in seiner heutigen Form auf den massiven Unterbau gesetzt. Von dieser Baumaßnahme zeugt noch eine lange Inschrift auf der Südfassade der Kirche. Zehn Jahre später erhielt der Turm eine achteckige Glockenstube mit „welscher Haube“.

Der steinerne Altartisch mit floralen, Engels- und Sternmotiven stammt aus dem Jahr 1770. Das bäuerliche Altarkruzifix wurde vermutlich im 17. Jahrhundert geschaffen. Von den ursprünglich zwei alten Glocken im Turm der Petri-Kirche ist nur noch die älteste, große Glocke erhalten. Diese 7,2 Zentner schwere Glocke wurde im Jahre 1556 gegossen und trägt in lateinischer Sprache die Inschrift: „Kommet alle und höret das Wort Gottes unter der Glocke von Viermünden“.

„VENITE OMNES ET AUDITE VERBUM DOMINI SUB CAMPANA VIRMINORU.“

1773 war von dem Orgelmacher Heynemann in Gießen für 190 Taler eine fünf Register umfassende Orgel für die Kirche von Viermündener Kirche gebaut worden. Als diese Orgel schadhaft geworden war, wurde im Jahre 1899 von der Firma C.L.Goll & Sohn in Kirchheim unter Teck eine neue Orgel errichtet, die sich noch heute in der Kirche befindet.

Unter der Kirche befindet sich eine 1671 von Raab Alhard von Dersch angelegte Familiengruft. Als man die Gruft 1927 öffnete, fand man vier Särge, von denen aber lediglich einer noch gut erhalten war. In diesem lag ein kräftiger männlicher Toter mit Bart, dessen Bein verbunden war. Wahrscheinlich handelt es sich bei dem Toten um Georg Erhard, den letzten männlichen Angehörigen der Familie von Dersch in Viermünden. Er war bei einem offensichtlich schweren Sturz vom Pferd in die Nuhne gefallen und acht Wochen später, im Juli 1717 im Alter von 29 Jahren verstorben. Bei einer umfassenden Renovierung der Kirche im Jahr 1934 wurde die Gruft zum letzten Mal geöffnet und danach der Eingang zugemauert. Lediglich eine kleine Öffnung am Fuße der Südfassade gewährt heute einen Blick auf das geheimnisvolle Dunkle der Gruft. Von der Gruft soll angeblich ein unterirdischer Gang zum Oberhof führen, er diente in Kriegszeiten offenbar als Unterschlupf für Frauen und Kinder.

Ebenfalls bei dieser Baumaßnahme fand man den Grabstein der 1674 verstorbenen Clara Ursula von Eppe, geb. von Dersch, der an der Südwand der Kirche angebracht wurde. Den kleineren, heute an der Nordwand befindlichen Grabstein des 1601 verstorbenen Säuglings Elisabetha Agnes von Dersch hatte man in einem Verschlag hinter einer Treppe gefunden. Weitere zerschlagene Grabsteine, deren Inschriften unleserlich waren, traten beim Versetzen des Altars zu Tage. Diese wurden in der Kirchenwand und im Fußboden eingemauert.

Die Geschwister Mater aus Viermünden stifteten 1934 das bunte Fenster hinter dem Altar, das eine biblische Szene aus dem Leben des Apostels Petrus zeigt.

Vor der umfassenden Renovierung und Umgestaltung der Kirche 1934 war die Kirche in neuerer Zeit im Inneren 1890, von außen im Jahre 1903 restauriert worden.

Die nahezu 200 Jahre alte Turmuhr wurde 1973 an das Kreis-Heimatmuseum in Frankenberg abgegeben, wo sie noch heute zu besichtigen ist.

1885 wurde das im Jahre 1696 errichtete alte Viermündener Pfarrhaus abgerissen und zwei Jahre später das heutige Pfarrhaus errichtet.

Der Totenhof erstreckte sich auch in Viermünden ursprünglich um die Kirche herum. 1819 wurde ein neuer Friedhof außerhalb des Dorfes angelegt. Als dieser Friedhof 1888 voll belegt war, wurde auf einem weiteren Gelände im so genannten Hurtzelgarten abermals ein neuer Friedhof ausgewiesen, der jedoch nach kurzer Zeit wegen zuviel Grundwassers wieder aufgegeben werden mußte. Bei der Zusammenlegung 1892 wurde der alte, 1819 begonnene Friedhof beträchtlich vergrößert, und indem man auch später noch Erweiterungen vornahm, kann dieser bis heute genutzt werden.

Autor: Anita Lorenz